Die Bearbeitungszeit der Kfz-Haftpflichtversicherungen bei der Regulierung von Verkehrsunfällen nach Darlegung aller Schadensersatzpositionen

Die Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen ist ein für viele betroffene Unfallopfer und auch Unfallschädiger ein unangenehmer Prozess mit einem ungewissen Endzeitpunkt. Dies gilt insbesondere in dem Moment, wenn das endgültige Regulierungsschreiben an den Ersatzpflichtigen übersandt wurde und die Warteatmosphäre unerträglich wird. Unter metaphorischen Gesichtspunkten müssen bei einer Schadensregulierung zahlreiche lose Pflastersteine in fachmännischer und akkurater Manier verlegt werden, wobei der Zeitpunkt der Lieferung dieser Pflastersteine ungewiss ist und damit auch der Zeitpunkt der endgültigen Fertigstellung.

Bei einem Personen- und/oder Sachschaden sollte auch die Eile nicht im Vordergrund stehen. Denn auch hier gilt das zutreffende Sprichwort aus dem Roman „Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Gut Ding will Weile haben.Dies gilt nicht nur in Hinblick auf die Anforderung, Sammlung und Auswertung aller einschlägigen Unterlagen, sondern erst recht für den gesamten außergerichtlichen Tätigkeitsbereich; im Regelfall bei der Korrespondenz mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des vermeintlichen Unfallverursachers. Oft werden in diesem speziellen Rechtsgebiet überhastet Klagen geschrieben und der Rechtsstreit in das gerichtliche Verfahren geprügelt, obwohl der außergerichtliche Tätigkeitsbereich oft mehr Möglichkeiten bietet als das gerichtliche Verfahren mit seinen strengen Regelungen.

Aber wie lang sollte bzw. darf eine Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen dauern nach Übersendung aller anspruchsbegründeten Umstände und der konkreten Schadensberechnung, bevor eine Klage erforderlich und notwendig ist? Eine pauschale Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich. Vielmehr kommt es wie so oft immer auf den Einzelfall drauf an. Mit einem solchen Einzelfall musste sich auch das OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 26.04.2010 – 3 W 15/10 beschäftigen. Zur Bearbeitungszeit des Kfz-Haftpflichtversicherers führte das OLG Stuttgart wie folgt aus:

 

(…) Zwar war der Schadensersatzanspruch des Klägers sofort nach Schadensentstehung fällig, § 271 BGB. Solange und soweit ein Haftpflichtversicherer jedoch trotz ordnungsgemäßer Behandlung das Regulierungsbegehren eines Anspruchstellers nicht abschließend beurteilen kann, beruht das Nichtzahlen der Regulierungsleistung auf einem vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand mit der Wirkung, dass kein Verzug eintritt und auch keine Veranlassung zur Klagerhebung besteht. Insoweit ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei durchschnittlichen Verkehrsunfallsachen ein Prüfungszeitraum des Haftpflichtversicherers von 4 bis 6 Wochen abgewartet werden muss (KG Berlin VersR 2009, 1262, LG Karlsruhe VersR 1969, 865; OLG Hamm, VersR 1971, 187; LG München VersR 1973, 87; LG München VersR 1974, 69; OLG Köln VersR 1974, 268; OLG Schleswig VersR 1974, 271; OLG Nürnberg VersR 1976, 1052; OLG München VersR 1979, 479; OLG Karlsruhe, LG Hannover ZfS 1986, 176, Schaden-Praxis 2003, 391; OLG Düsseldorf DAR 2007, 611; vgl. auch Müller in Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, Kap. 6 Rn. 60 f m.w.N. und Himmelreich/Halm-Kuhn, Handbuch der Kfz-Schadensregulierung, 2009, A 173). Zuzugeben ist dem Kläger, dass die Praxis der Schadensregulierung im Allgemeinen nicht von starren Bearbeitungsfristen ausgeht. Es hängt vielmehr von der individuellen Gestaltung des Einzelfalls ab, welche Regulierungsfrist angemessen ist. Dem Haftpflichtversicherer des Ersatzpflichtigen ist jedoch regelmäßig – d.h. selbst bei einfachen Sachverhalten – eine Bearbeitungszeit von einigen Wochen einzuräumen (Himmelreich/Halm-Kuhn a.a.O., A 179 m.w.N.). (…)

 

Mithin ist dem Haftpflichtversicherer des Ersatzpflichtigen regelmäßig – d.h. selbst bei einfachen Sachverhalten – eine Bearbeitungszeit von einigen Wochen einzuräumen. Bei durchschnittlichen Sachverhalten sollte die Bearbeitungszeit zwischen 4 bis 6 Wochen liegen, wobei hierbei alle Regulierungspunkte des Schädigers konkret begründet und nachweisbar sein sollten, ohne dass es zu einer offensichtlichen Beanstandung kommen darf.


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